Rheinhessen. Das sind nicht nur 200 Jahre Geschichte. Diese Region kann aus vielen Jahrhunderten erzählen. Römer. Kelten. Franken. Kaiser. Kurfürsten. Blicken wir zum Königstuhl. 175 Meter hoch. Nahe Lörzweiler. Grün bewachsen, nahezu unscheinbar – und doch, hier ist der Geist der Geschichte zu spüren. Man schreibt das Jahr 1024. Ein milder Spätsommertag im September. Die Sonne scheint. Wimpel flattern im Wind. Pferde schnauben. Stimmengewirr dringt aus prunkvollen Pavillons. Lagerfeuer knistern. Es wird diskutiert, gestikuliert. Rund um den Hügel haben die Fürsten des Reiches ihre Lager aufgeschlagen. Lagerstätten soweit das Auge reicht: Franken, Lothringer, Sachsen, Ostfranken, Schwaben, Bayern und Slaven.
Konrad und Konrad : ein Kaiserthron und zwei Kandidaten
Die Fürsten und ihre Gefolge sind dem Ruf des Mainzer Erzbischofs Aribo an den Rhein gefolgt, denn der Kaiserthron ist seit dem Tode Heinrich II. am 13. Juli verwaist. Noch führt Heinrichs Witwe Kunigunde führt die Reichsgeschäft, aber ihre Berater, der bayerische Herzog Heinrich V. und der Mainzer Erzbischof Aribo, haben bereits eine Vorauswahl für den vakanten Kaiserthron getroffen.
Es stehen zwei Kandidaten in der engeren Wahl. In wehenden Umhängen stehen sie da, die rechte Hand auf das Schwert gestützt blicken sie selbstbewusst in die Menge. Es sind gleichnamige Vettern, genannt der Konrad der Ältere und Konrad der Jüngere. Sie gehören zum Stamme der Franken, sind Brudersöhne und als Sprößlinge König Konrads I. in gleichem Maße mit der erloschenen Liudolfinger-Dynastie verwandt.
Erzbischof Aribo nutzt die Gunst der Stunde und gibt als Wahlleiter die erste Stimme ab: für Konrad den Älteren. Ihm schließen sich die übrigen Geistlichen nach ihrem Rang an. Danach folgen die weltlichen Fürsten. Eine Mehrheit spricht sich für Konrad den Älteren aus. Unter dem lauten Jubel der Fürsten überreicht die Kaiserwitwe Kunigunde dem neuen gewählten Kaiser Konrad II. die Reichsinsignien: Krone, Szepter, Reichsapfel.
Kaiserliche Symbolik
Bei Lörzweiler wird Konrad II. im Jahre 1024 zum Kaiser gewählt. Er ist der erste Salier auf dem Kaiserthron – und er legt besonderen Wert auf Symbolik und eine greifbare Tradition der Kaiserwürde.
So kommt auch die Bezeichnung Königstuhl für den Hügel südlich von Lörzweiler nicht von ungefähr: Es ist wahrscheinlich, dass Konrad im Zuge seiner Wahl zum Kaiser wirklich auf einen Thron, einen Königstuhl gesetzt wurde, denn die augenfälligste symbolische Handlung einer Kaiserwahl ist seit jener Zeit die „Setzung“, dass symbolische Hinaufheben der für das Amt bestimmten Person auf einen „Thron“. Damit ist der Thron das greifbare Zeichen, das über einen Amtswechsel hinaus bestehen bleibt und damit eine Kontinuität des Amtes und der Herrschaft symbolisiert.
Für die feierliche Krönung Konrads hat man den 8. September gewählt, den hohen Festtag Mariä Geburt – und zeigt damit die enge Verbundenheit zum Christentum. Die Fürsten geleiten ihren neuen Kaiser zum Mainzer Dom, wo er gekrönt und gesalbt wird – ein sichtlicher Beweis ihrer Treue zum neuen Herrscher.